Symbolbild: Pixabay / Markus Distelrath

Die Stromer sind da? Doch wie grün sind E-Autos?

E-Mobilität wird immer mehr zum Alltag in Deutschland. Aber sind die Stromer auch der richtige Schritt Richtung Klimawende?

Um es gleich vorweg zu sagen: Am freundlichsten für die Natur ist und bleibt es, zu Fuß zu gehen. E-Autos wie Verbrenner verbrauchen Ressourcen und Energie und hinterlassen damit einen ökologischen Fußabdruck. Die Frage, um die es hier geht, lautet: Schaden Stromer der Umwelt weniger als Verbrenner?

Aktuellen Studien zufolge lautet die Antwort: Ja. Zwar sind die CO2-Ausstöße wegen der Batterie bei der Herstellung höher. Einer Studie des Fraunhofer Instituts von 2020 zufolge sind sie bei kleinen Fahrzeugen aber ab 18.000 Kilometern Laufleistung wieder ausgeglichen, bei großen Wagen und besonders CO2-intensiver Produktion kann es deutlich länger dauern. Ob die CO2-Bilanz noch besser wird, hängt vor allem von zukünftigen Entwicklungen ab. Zum Beispiel vom Strommix. Wenn der Akku zu Hause an einer Wallbox (siehe Kasten nächste Seite) mit eigenem Solar-Strom vom Dach geladen wird, ist das ziemlich nachhaltig. Wird er mit Kohlestrom betrieben, eher nicht. Wie gut wir die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien hinkriegen, beeinflusst daher die Umweltbilanz von E-Autos stark.

Umweltfeind Batterien?

Zweifel an der Sinnhaftigkeit von E-Mobilität werfen regelmäßig die Batterien auf. Die Gewinnung notwendiger Rohstoffe wie Lithium und Kobalt ist problematisch. Im Kongo beispielsweise wird das Kobalt unter gefährlichen Bedingungen und zum Teil von Kindern abgebaut. In der südamerikanischen Atacama-Wüste leiden Natur und einheimische Bevölkerung stark unter dem Lithiumabbau, für den extrem viel Wasser nötig ist. Auch Arbeits- und Gesundheitsschutz der größtenteils noch in China gebauten Batterien sind oft mangelhaft. Bei alldem gilt es hinzugucken und faire Bedingungen in der gesamten Lieferkette zu fordern – das aber gilt ebenso für Akkus in Smartphones, Laptops und allen anderen Geräten. Nicht vergessen darf man bei der ganzen Rechnung, dass auch die Ölförderung seit Jahrzehnten schwerwiegende Eingriffe in die Natur bedeutet und durch Öl-Katastrophen Meerwasser verseucht und ungezählte Tiere getötet wurden. Im Oktober erst hat ein Tankschiff im Nord-Ostsee-Kanal einen 60 Kilometer langen Ölfilm verursacht. Öl wird zudem verbrannt und damit vernichtet, die Batterie-Rohstoffe aber werden nur verbaut, bleiben erhalten und können recycelt werden. 

Wiederaufbereitung

Weil es bislang noch wenige ausgediente E-Auto-Batterien gibt, wird ein Recycling-Kreislauf erst noch aufgebaut, gilt aber technisch als machbar. EU-Richtlinien sollen die Wiederaufbereitung in Zukunft fördern, sodass sie rentabel sein kann. Das schwedische Start-up Northvolt, 2016 von zwei ehemaligen Tesla-Managern gegründet und mitfinanziert auch von deutschen Unternehmen, baut derzeit nicht nur große Produktionskapazitäten für Batteriezellen in Europa auf, sondern plant auch die größte Recyclinganlage für Kobalt, Nickel, Mangan und Lithium. 

Das alles soll die problematischen Seiten der Batterieherstellung nicht kleinreden, aber zeigen: Es ist viel in Bewegung. Auch die Forschung schreitet voran. Tesla beispielsweise will schon bald Kobalt-reduzierte Hochenergie-Akkus bauen. Samsung setzt auf Feststoffbatterien ohne Lithium. Das Fraunhofer Institut hat eine Natrium-Nickelchlorid-Batterie aus heimischen Rohstoffen wie Tonerde und Kochsalz entwickelt. Weltweit forschen viele Unternehmen und Einrichtungen an alternativen Akku-Konzepten.

Zweites Leben

Derweil hat man festgestellt, dass die E-Auto-Batterien länger halten als anfangs erwartet: Nach manchen Erfahrungen bis zu zwölf, nach anderen bis zu 18 Jahre. Auch danach müssen sie nicht gleich verschrottet werden, sondern können noch als stationäre Stromspeicher für erneuerbare Energien dienen. In Leipzig etwa nutzt BMW bereits einen solchen Speicher aus etwa 700 Batterien. Im Stadion von Ajax Amsterdam werden mithilfe von knapp 600 alten Auto-Akkus Fußballspiele beleuchtet. Recycling und die großflächige Weiternutzung der Akkus sind noch Zukunftsmusik, doch die Chancen stehen gut, dass der Ressourcenverbrauch weiter sinken wird.

Größer als bei Verbrennern ist laut einer Studie des Bundesumweltministeriums von 2019 bei E-Autos das Problem von gesundheitsgefährdendem Feinstaub, der bei der Motorproduktion entsteht. Sowohl der Einsatz von Filtern in den Produktionsanlagen als auch von alternativen Materialien im Elektromotor sind in Zukunft denkbar. Hinzukommt der Feinstaub durch Reifenabrieb, der wegen des batteriebedingten höheren Gewichts bei Elektroautos größer ist. Sollten nächste Batterie-Generationen leichter werden, verringert sich das Problem. Und es hilft natürlich insgesamt, wenn statt Riesen-SUV möglichst kleine Autos mit wenig Gewicht und schmaleren Reifen gefahren werden. 

Weitere Entwicklung

Die E-Mobilität ist angekommen – und gleichzeitig erleben wir auch aktuell nur einen Zwischenstand in der Entwicklung. Parallel wird an alternativen Kraftstoffen und Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis geforscht. Für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe beispielsweise wird der Luft CO2 entzogen, bevor es bei der Verbrennung wieder freigesetzt wird, sodass ein Kreislauf entsteht. 

Welche Durchbrüche in Zukunft erzielt werden und welche Antriebe sich durchsetzen, muss sich zeigen. Manches können wir selbst tun: uns in der Politik für die Energiewende starkmachen, bei Herstellern auf CO2-neutrale Produktion und faire Lieferketten drängen und nicht

zuletzt unser Fahrverhalten anpassen. Statt weiterhin auf Individualverkehr zu setzen, ist es im Hinblick aufs Klima weitaus schlauer, Gedanken und Ressourcen in alternative Transportkonzepte zu stecken und beispielsweise öffentliche Verkehrsmittel, Sammeltaxi- und Radwege-Systeme stärker auszubauen. Wer nicht aufs Auto verzichten kann, fährt aber auf die gesamte Nutzungsdauer gerechnet mit Stromern schon jetzt nachhaltiger als mit Verbrennern.

Text: Anja Schäfer