Mitarbeiterin verrät: So gelingt Nachhaltigkeit im Unternehmen
Wie kann es gelingen, als Firma Umweltschutz zu fördern? Mara Hermann erzählt von Learnings aus der Praxis.
Wir sind ein mittelständisches IT-Projekthaus mit rund 450 Mitarbeitenden und mehreren Standorten in ganz Deutschland. Nachhaltigkeit war in unserem Unternehmen schon immer ein Begriff. Früher allerdings wurden darunter eher langfristige Kundenbeziehungen und langlebige Software-Lösungen verstanden. Mittlerweile ist durch Eigeninitiative der Mitarbeiterschaft ein Team entstanden, das sich um die ökologischen und sozialen Aspekte kümmert – ein Zeichen dafür, dass sich Angestellte gerade in der IT-Branche zunehmend mit ihrem Unternehmen identifizieren können möchten. Dazu gehören auch Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit.
Als internes strategisches Team setzen wir uns aus freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, die neben ihrer Haupttätigkeit in Teilzeit an den Nachhaltigkeitsthemen arbeiten. Zudem sind wir Teammitglieder auf verschiedene Standorte verteilt. Um uns abzustimmen und unsere Themen voranzutreiben, tauschen wir uns hauptsächlich über den Firmen-Messenger Slack aus und treffen uns zusätzlich zu regelmäßigen Orga-Terminen oder freiwilligen Coworking-Sessions per Videocall.
Nachhaltigkeits-Tipp des Monats
Da wir alle keine ausgebildeten Fachleute auf diesem Gebiet sind, legen wir Wert darauf, ausgiebig zu recherchieren und zu evaluieren, welche Maßnahmen für uns sinnvoll, wirksam und umsetzbar sein können. So sind wir zum Beispiel auf den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) und die Änderungsvorschläge der EU-Kommission für die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sogenannte „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), gestoßen. Damit können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen wollen wir Erfolge im Bereich Nachhaltigkeit ohnehin gern messbar machen, Schwachstellen offenlegen und die Ergebnisse teilen. Zum anderen können wir uns durch unsere frühe Recherche proaktiv auf die neue Richtlinie, die für Unternehmen wie uns ab 2024 verpflichtend sein wird, vorbereiten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist der Austausch mit anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dadurch stärken wir bei ihnen das Bewusstsein für unsere Arbeit und profitieren außerdem von lebendigen Diskussionen und konstruktivem Feedback. Beispielsweise veröffentlichen wir über Slack einen Nachhaltigkeits-Tipp des Monats und haben zudem ein Austauschformat über Fragen der Nachhaltigkeit in der Mittagspause gestartet. Neben unserer eigenen Recherche ist die Mitarbeiterschaft eine wichtige Quelle für neue Ideen zu nachhaltigen Maßnahmen. Außerdem nehmen wir gelegentlich sowohl methodische als auch inhaltliche Unterstützung von externen Beratungen, die sich auf das Thema Nachhaltigkeit spezialisiert haben, in Anspruch.
Einige konkrete Maßnahmen haben wir in den letzten drei Jahren im Unternehmen erfolgreich umgesetzt:
1. Arbeitsalltag: Gegen Lebensmittelverschwendung
Das Fundament unserer Nachhaltigkeitsbemühungen sind die Maßnahmen, die schnell und zentral umgesetzt werden können. Das waren vor allem Änderungen in unserem Arbeitsalltag, zum Beispiel:
• Energieversorgung: Außer an einem beziehen wir mittlerweile an allen Standorten Ökostrom und werden auch bei dem einen wechseln, sobald vertraglich möglich.
• Lebensmittel: Bei der Versorgung an den Standorten und bei Events achten wir auch verstärkt darauf, zumindest nachhaltige Alternativen anzubieten oder sogar ganz auf nachhaltigere Produkte (bio, regional, pflanzlich, …) umzusteigen. Um unnötigen Essensmüll zu vermeiden, haben wir in den Kühlschränken unserer Büros ein sogenanntes „Shared Shelf” eingeführt – ein Fach, in dem übrig gebliebene Lebensmittel der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden können.
• Plastikflaschen: An einem unserer Standorte haben wir Wasserflaschen komplett durch einen am Wasserhahn installierten Wasserspender ersetzt und prüfen aktuell die Akzeptanz und die Umsetzbarkeit für weitere Standorte.
• Projekte: Gerne unterstützen wir auch soziale oder regionale Projekte und beziehen zum Beispiel Getränke von Viva con Agua, Fritz und Charitea sowie an einigen Standorten Klopapier von Goldeimer.
• Neben der schnellen und zentralen Umsetzung konnten wir durch solche Maßnahmen eine Verankerung des Themas Nachhaltigkeit im Unternehmen schaffen, ohne direkt eine Verhaltensänderung der Mitarbeitenden zu fordern. Letzten Endes wird eine solche Änderung aber erforderlich sein, wenn ein tiefgreifender Wandel geschehen soll: Als Dienstleistungsunternehmen besteht unser Fußabdruck nicht nur aus den Faktoren, die unsere eigene Arbeitsumgebung ausmachen.
2. Mobilität: Bahn statt Flugzeug
Ein wichtiger Punkt sind deshalb auch unsere Reisen. Regelmäßig prüfen wir die Option, Nahverkehrstickets an den jeweiligen Standorten zu unterstützen und wollen gern Roller-Sharing anbieten. Generell wird (auch ohne Corona) darauf geachtet, die Reisezeit zwischen den Standorten und zum Kunden möglichst gering zu halten, ohne das Projekt zu beeinträchtigen. Außerdem wird bei Buchungen angeregt, Reisen möglichst mit dem Zug statt mit dem Flugzeug anzutreten. Da wir keine Verbots-Kultur pflegen möchten, macht sich hier unsere jahrelange Arbeit immer mehr bezahlt: Die Akzeptanz für nachhaltigere Ansätze ist in der Mitarbeiterschaft deutlich gestiegen.
3. Weitere Felder: Langlebige Software
Maßgeblich für unseren Fußabdruck ist auch die Projektarbeit, die wir bei unseren Kunden verrichten. Dabei stellen sich beispielsweise Fragen wie: Sind die Softwarelösungen effizient und langlebig konzipiert? Welchem Zweck dienen unsere Produkte? Als Team Nachhaltigkeit versuchen wir in unseren Austauschformaten und durch Abschlussarbeiten Querschnittsthemen wie z. B. nachhaltige Programmierung im Unternehmen voranzutreiben. Während wir uns mit Maßnahmen zum Arbeitsalltag, zur Mobilität und zum internen Austausch schon eingehend beschäftigt haben, stehen wir hier noch relativ am Anfang. Gerade diese projektbezogenen Querschnittsthemen aus Digitalisierung/IT und Nachhaltigkeit werden voraussichtlich in Zukunft ein zentraler Teil unserer Arbeit sein.
Mara Hermann arbeitet als Data Scientist sowie Data Engineer bei der Firma inovex am Standort Hamburg.