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Junge Freiwillige setzen sich für ein Naturprojekt ein. Symbolbild: Getty Images / Akarawut Lohacharoenvanich / Getty Images Plus

Ein Jahr grün machen: Ein Ökologisches Jahr – für dich und die Natur

Das Abi in der Tasche – was nun? Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Ausland ist eine Gelegenheit, etwas für den Naturschutz zu tun und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Wir klettern auf die Ladefläche des Pick-Ups und versuchen, es uns gemütlich zu machen. Es ist März und die Mittagssonne setzt mir auch nach zwei Wochen in Ghana noch erheblich zu. Die vergangenen Tage meines Freiwilligendienstes durfte ich im angenehm klimatisierten Büro unserer Leitstelle verbringen. Doch heute ist der Tag gekommen: Für den Weltwassertag der UN haben wir mit einigen anderen Nichtregierungsorganisationen hier in Kumasi einen „Marsch für Wasser“ organisiert. Das Ziel bei diesem Marsch ist, bei der Bevölkerung ein Bewusstsein zu schaffen, wie wertvoll Wasser ist.

Beats und Fakten

Einen „Marsch für Wasser“ hatte ich mir vorher völlig anders vorgestellt. Zunächst einmal dauert es eine ganze Weile, bis alle da sind, und es losgehen kann. Dann wird es laut: Die Fakten über die Kostbarkeit von Wasser werden in ohrenbetäubendem Lärmpegel über Lautsprecher auf Autodächern verkündet. Gleichzeitig ertönen die neuesten Afrobeats. Ich fühle mich mehr wie auf einer Party als auf einem Protestmarsch. Es wird getanzt, gesungen, gerufen und gelacht. Immer mehr Menschen stoßen dazu und die bunte Menge pulsiert durch die Stadt.

Kumasi ist die zweitgrößte Stadt in Ghana und bei einer Fläche, die in etwa Frankfurt am Main entspricht, etwa viereinhalb Mal so dicht besiedelt. Regen ist hier ein Problem: Häufig bleibt er die Hälfte des Jahres aus und in der anderen Hälfte fällt zu viel davon vom Himmel. Ein bewusster Umgang mit Wasser ist notwendig. Kleidung wird häufig noch direkt im See oder Fluss mit umweltschädlichem Waschmittel gewaschen. Beim Abbau von seltenen Erden wird Wasser kontaminiert. Zur Aufbereitung fehlt die Infrastruktur. Auch da soll der Marsch Veränderung anstoßen.

Schon lange vor dem Abitur wusste ich, dass ich nach der Schule in die große weite Welt gehen wollte – am liebsten mit ökologischer Ausrichtung. Anbieter für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr innerhalb von Deutschland zu finden, ist nicht schwer, aber für das Ausland sah es anders aus. Eine Freundin meiner Mutter machte mich schließlich auf „naturweit“ aufmerksam. Über diesen Freiwilligendienst der Deutschen UNESCO-Kommission arbeiten 18- bis 26-Jährige ein Jahr lang in Biosphärenreservaten, National- und Geoparks sowie Welt-Naturerbe-Stätten auf der ganzen Welt. Ich durfte meine Zeit schließlich im Biosphärenreservat Lake Bosomtwe in der Nähe von Kumasi im grünen Herzen von Ghana verbringen. In der Gebietsverwaltung arbeitete ich an verschiedenen Projekten mit den Interessengruppen um den See. Ich habe am liebsten Schulprojekte geplant und durchgeführt, bei Gebietspflege und Baumpflanzungen geholfen und an traditionellen Versammlungen der umliegenden Dörfer teilgenommen.

Gut für die Gesundheit

Umfragen haben gezeigt, dass soziale Aspekte für die meisten Freiwilligen genauso wichtig sind wie die Lernerfahrung und der Beitrag zum Umweltschutz. Die australische Umweltund Gesundheitsforscherin Rebecca Patrick konnte 2022 mit einer Studie belegen, dass umweltbezogene Freiwilligenarbeit auch positive Effekte auf die physische, psychische und soziale Gesundheit hat. Was der Umwelt guttut, das tut offenbar auch uns und den Menschen um uns herum gut. Man probiert Neues aus und lernt neue Seiten an sich selbst kennen, wenn man einmal die Komfort-Zone verlassen hat.

Trotzdem holt so manchen auch der Kulturschock ein oder es kommt zur Krise, weil man in der Einsatzstelle doch mehr im Büro an Berichten sitzt, als draußen Bäume zu pflanzen. In diesem Falle gilt: tief durchatmen, der Situation Zeit geben und selbst Initiative ergreifen. So lassen sich die meisten Durststrecken gut überwinden. In der Regel lassen sich in absoluten Notfällen unter Absprache mit den Verantwortlichen auch FÖJ- oder Einsatzstellen wechseln. Insbesondere bei Einsätzen in Ländern des globalen Südens wird man auch unausweichlich mit dem eigenen Weißsein und den Privilegien konfrontiert, die damit einhergehen. Um besser mit unangenehmen Situationen umgehen zu können hilft es, sich im Vorfeld mit diesen Themen vertraut zu machen und sich mit ehemaligen Freiwilligen auszutauschen.

Was ein Freiwilligendienst konkret vor Ort bewirkt, lässt sich vorher kaum abschätzen. Deshalb sollten die Erwartungen nicht zu groß ausfallen. Es ist hilfreich, sich klarzumachen: In diesem Jahr werde ich nicht die Welt retten und womöglich werde ich nicht einmal konkrete Veränderungen sehen. Es ist auch völlig in Ordnung, nur mit dem Wunsch zu starten, in das Lieblingsland zu reisen, dem Alltag zu entfliehen, neue Leute kennenzulernen, Sprachkenntnisse zu verbessern oder den Lebenslauf interessanter zu gestalten.

Win-Win

Klar ist: Auch wenn ein Projekt vom Engagement der Freiwilligen profitiert, nehmen sie immer mehr für sich selbst mit als sie zurückgeben. Das mag ein unbequemer Gedanke sein, doch die Erfahrung zeigt es – und das ist auch gut so. Freiwilligendienste verändern nicht die Welt, aber die gesammelten Erfahrungen und das Wissen können persönliche Entscheidungen prägen, den Lebensstil und das eigene Umfeld verändern. Und mit dieser Reichweite kann man letztendlich doch die Welt zu einem besseren Ort machen.

Ich selbst kam als erste Freiwillige in ein Team, das vorher seit Jahren ohne Freiwillige nach einem bestimmten System gearbeitet hat. Mir blieb also erst einmal nichts anderes übrig, als von den anderen zu lernen – und das war wertvoll. Mich für Gottes Schöpfung zu investieren, habe ich auch als spirituelle Erfahrung erlebt, die mich Gott, dem Schöpfer, nähergebracht hat. Daraus schöpfe ich auch heute noch Kraft und Motivation. An den Orten, wo die Schönheit der Welt so intensiv zum Vorschein kommt, fällt es leicht, überall Gottes Werk zu sehen und wertzuschätzen.

Deborah Harbring studiert Landschaftsökologie in Münster.